Les Insomnies
Musik und Text: Barbara
(1975)

Schlaflos
deutscher Text von
Michael Laricchia

Olympia 1978 Seule (1981) récital Pantin '81


den französischen Originaltext
findest Du in diesem Buch:



Barbara
Ma plus belle histoire d'amour
l'oeuvre intégrale

Éditions Archipel


Wenn and’re Leute zu Bett geh’n, ja dann schlafen sie ein.
Ich sage mir jedesmal: Könnt’ es bei mir auch so sein!
Seh’ ich die Augen sich schließen, wenn sie schlafen geh’n,
Würde ich gerne auch mich einmal einschlafen seh’n.

Sicher kannte ich viele, schön, freundlich und bereit,
Die kamen, mich küßten und kämpften mit meiner Schlaflosigkeit.
Aber am Morgen fand ich sie schlafend, wie ich’s gedacht,
Und ich wachte allein nach einer durchwachten Nacht.

Könnte die Schafe ich zählen, die ich in meinem Bett sah,
Zöge jetzt durch meine Nächte eine gewaltige Schar.
Sie grasten und zogen weiter, zum Beispiel zu Ihnen hin,
Denn Schafe hüt’ ich nicht gern, auch wenn ich Schlaflos bin.

Und außer denen, die gingen, was mir nicht viel macht,
Hatte ich auch schon vor Sehnsucht eine durchwachte Nacht.
Die Stufen der Nacht, sie führen hinab in mein Herzensverließ.
Ich kenne mich aus in der Hölle. Kennen Sie das Paradies?

Das Paradies wär’ es für mich, einmal schlafen zu geh’n.
Ich kann mich bis in die Träume hinein kämpfen seh’n,
Kämpfen um Schlaf und Ruhe, mit aller meiner Macht.
Das träum’ ich, wach auf und habe eine schlaflose Nacht.

Ich streune herum, wie ‘ne Katze,
Ich husche herum, wie ‘ne Maus.
Über den Sinn dieser Nächte
Schweigt sich der liebe Gott aus.

Ob Sterben oder Schlafen ist sehr wohl ein Unterschied,
Wenn auch dabei mit den Augen das Gleiche geschieht.
Ich darf es nicht verwechseln; es ähnelt sich sehr.
Es zeigte sich dann am Morgen: Ich erwache nicht mehr.

Von meinem Kopfende seh’ ich den Himmel über Paris.
Zu meinen Füßen da sehe ich : die Gendarmerie!
„Was tun sie da, meine Herren?“, frage ich geschwind.
„Wir sind hier, um zu wachen, weil sie schlaflos sind.“

Und dort seh’ ich ernste Leute, die längst verstorben sind,
Verwandte, Bekannte und Freunde, die ich einst hatte als Kind.
Im Namen des Vaters, des Sohnes, ich hab’ noch Zeit!
Danke sehr für euer Kommen, doch ich bin noch nicht bereit.

Und jetzt seh’ ich sie lachen, seh’ ihre Heiterkeit.
Sie haben die Lösung gefunden für meine Schlaflosigkeit,
Den Arzt für meine Nächte, doch es tut mir leid,
Da leide ich dann doch lieber unter Schlaflosigkeit.

Wenn and’re Leute zu Bett geh’n, ja dann schlafen sie ein.
Ich sage mir jedesmal: Könnt’ es bei mir auch so sein!
Doch zwischen Sterben und Wachen, wähle ich dies:
Lieber wach’ ich in der Hölle, als schlafen im Paradies.
Doch zwischen Sterben und Wachen, da wähle ich dies:
Lieber leb’ ich in der Hölle, als sterben im Paradies.


[ weitere Texte von Michael Laricchia ]
 


 
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